Pilze können unterschiedlichste organische Materialien abbauen und in neue Produkte umwandeln. Das macht sie besonders interessant für zukünftige Kreislaufwirtschaftsanwendungen sowie zu einer vielversprechenden biobasierten Lösung, um Kreisläufe zu schließen und fossile Rohstoffe zu ersetzen. In einer Studie der Pilz GmbH (beauftragt vom BMLUK) wurde das Potenzial pilzbasierter Technologien für die österreichische Kreislaufwirtschaft nun genauer unter die Lupe genommen. Ausgangspunkt der Untersuchung war das Ziel der Europäischen Union, bis 2050 eine vollständig klimaneutrale Wirtschaft zu schaffen. Pilze besitzen die einzigartige Fähigkeit, unterschiedlichste organische Materialien zu zersetzen und in neue Produkte umzuwandeln.
Drei Kernbereiche mit großem Potenzial
Im Bereich der Lebensmittelproduktion können durch Pilze nachwachsende lignocellulosehaltige Reststoffe wie Sägespäne, Stroh oder Hanfpellets zu hochwertigen Lebensmitteln umgewandelt werden. Österreich ist in diesem Bereich bereits gut aufgestellt: Mehr als 30 Betriebe wurden identifiziert. Besonders hervorzuheben ist dabei die regionale Verwertung land- und forstwirtschaftlicher Reststoffe als Substrat für die Pilzzucht. Dabei entstehen pro Kilogramm Frischpilze bis zu fünf Kilogramm abgeerntetes Substrat – ein wertvoller Rohstoff, der bislang nur unzureichend genutzt wird, etwa für Kompostierung, Tierfutter oder Biogasproduktion.
Wesentlich unerschlossener ist dagegen der Bereich der Materialproduktion. Hier wurden in Österreich nur zwei aktive Unternehmen identifiziert, obwohl international bereits gezeigt wird, welches Potenzial für diesen Anwendungsbereich in Pilz-Myzel steckt: Pilzbasierte Werkstoffe finden weltweit Verwertung als biologisch abbaubare Verpackungen, Dämmstoffe, schallabsorbierende Paneele oder lederähnliche Materialien. Sie könnten langfristig petrochemische Produkte ersetzen und damit entscheidend zur Dekarbonisierung beitragen.
Auch in der Abfallbehandlung zeigen Pilze beeindruckende Leistungen: Dank ihrer enzymatischen Fähigkeiten können sie komplexe organische Schadstoffe abbauen, Böden regenerieren und selbst Kunststoffe oder Mikroplastik zersetzen. Die sogenannte Mykoremediation – also die Nutzung von Pilzen zur biologischen Sanierung – gilt dabei als vielversprechende Technologie mit breitem Anwendungspotenzial in der Abfallverwertung.
Besonders interessant ist aber gemäß der Studie das Zusammenspiel der drei Bereiche: Das abgeerntete Substrat aus der Speisepilzproduktion kann nicht nur kompostiert, sondern auch für die Herstellung neuer Materialien oder als Rohstoffquelle in der Abfallbehandlung genutzt werden. Damit entsteht ein nahezu geschlossener Kreislauf, in dem Pilze eine doppelte Rolle übernehmen, als Produzenten neuer Wertstoffe und als natürliche Recycler.
Herausforderungen und
Handlungsfelder
Trotz der ökologischen und ökonomischen Chancen steht die Branche noch am Anfang. Die vorliegende Pilz-Studie identifiziert mehrere Hindernisse: eine schwache Vernetzung innerhalb der Betriebe, fehlende gesetzliche Klarheit etwa bei der Einstufung von Pilzmyzel als Novel Food, unzureichende Förderinstrumente sowie eine geringe öffentliche Wahrnehmung. Hinzu kommt eine deutliche Lücke zwischen Forschung und praktischer Umsetzung. Um das Potenzial zu heben, nennen die Studienautoren acht Handlungsfelder: Ausbau von Forschungskooperationen, gezielte Förderprogramme für kleine und mittlere Betriebe, klarere regulatorische Leitplanken, Aufbau von Infrastruktur, bessere Wissensvermittlung, Bewusstseinsbildung und die systematische Nutzung von Reststoffen.
Die Studie „Pilze: Rohstoff für vielseitige Anwendungen in einer regionalen und biobasierten Kreislaufwirtschaft“ macht insgesamt deutlich: Österreichs Pilzwirtschaft verfügt über ein bislang kaum genutztes Potenzial. Mit gezielter Förderung, verstärkter Forschung und besseren Rahmenbedingungen kann sie sich aber zu einem wichtigen Baustein der heimischen Kreislaufwirtschaft entwickeln.