Kreislaufwirtschaft wird zum Standard im Bauwesen

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Concular will Unternehmen aus der Bau- und Immobilienwirtschaft fit für die Kreislaufwirtschaft machen. Wie genau setzen Sie das um?

Kathrina Rieger: Wir bei Concular transformieren das Bauwesen – wir zeigen, dass Kreislaufwirtschaft sowohl ökologisch sinnvoll als auch wirtschaftlich attraktiv ist. Während in der linearen Bauwirtschaft Gebäude am Ende ihrer Nutzungsdauer abgebrochen und Materialien deponiert oder downgecycelt werden, halten wir diese durch Re-Use, Refurbishment oder hochwertiges Recycling im Kreislauf. Dadurch entstehen Mehrwerte für alle Beteiligten: Bauherr:innen reduzieren Rückbau- und Entsorgungskosten, während Abnehmer:innen Zugang zu hochwertigen Sekundärbauprodukten erhalten, die bei vergleichbaren technischen und qualitativen Anforderungen in der Regel rund 20 % günstiger als Neuware sind.

Aktuell steht die Bauwirtschaft vor einer großen Umbruchphase, in der Ressourcenknappheit und Regulatorik ein steigendes Nachhaltigkeitsbewusstsein anstoßen. Wie sehen Sie die Bereitschaft der Baubranche die Kreislaufwirtschaft in ihre Systeme zu implementieren?

Die Bauwirtschaft ist für rund 40 % der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich und verursacht über 50 % der Ressourcennutzung in Österreich. Diese Zahlen verdeutlichen den erheblichen Handlungsdruck, unter dem die Branche steht. Entsprechend beobachten wir entlang der gesamten Wertschöpfungskette eine zunehmende Bereitschaft, Kreislaufwirtschaft zu integrieren. Concular arbeitet mit über 20 Herstellenden an Rücknahmeprozessen sowie an zirkulären Produkt- und Systemlösungen. Auch Abbruchunternehmen erkennen zunehmend, dass sich durch selektiven, werterhaltenden Rückbau neue Geschäftsmodelle und Alleinstellungsmerkmale entwickeln lassen. Parallel dazu wächst das Verständnis für die ökonomischen Restwerte von Bauprodukten.

Und im Planungssektor?

Auch hier zeigt sich ein deutlicher Wandel: Re-Use-Produkte werden aktiv in Planungen integriert und Gebäude so konzipiert, dass Bauteile am Ende ihrer Nutzungsdauer zeit- und kosteneffizient rückgebaut und wiederverwendet werden können. Die Transformation hin zu einer Kreislaufwirtschaft kann aber nur gelingen, wenn ausreichend Akteur:innen aus allen Teilbereichen der Bauwirtschaft mitziehen und ein funktionierendes, vernetztes Ökosystem entsteht. Gerade in der Anfangsphase stellt dies eine der zentralen Herausforderungen dar.

Kann Kreislaufwirtschaft einmal zum Standard in der Baubranche werden?

Ja – Kreislaufwirtschaft wird zum Standard in der Baubranche. Die entscheidende Frage ist nicht „ob“, sondern „wie schnell“ dieser Wandel vollzogen wird. Aktuell ermöglichen erst einzelne Bauproduktgruppen zirkuläre Geschäftsmodelle mit klaren wirtschaftlichen Vorteilen; Concular arbeitet kontinuierlich daran, diesen Kreis an Produkten systematisch zu erweitern. Parallel dazu bauen wir europaweit Zwischenlagerflächen für Sekundärprodukte auf. Bauteile werden geprüft, zwischengelagert und projektübergreifend wiederverwendet. In Wien errichtet Concular derzeit – gefördert durch die Wirtschaftsagentur Wien – einen Hub, der die Wiederverwendung von Baumaterialien praktisch erlebbar und wirtschaftlich tragfähig macht. Ein Treiber dieser Entwicklung ist auch die europäische Regulatorik, etwa CO₂-Grenzwerte für Gebäude, die Wiederverwendung zu einem der effektivsten Hebel machen, um Klimaziele zu erreichen. Europa befindet sich damit bereits mitten in der Transformation hin zu einer kreislauforientierten Bauwirtschaft.

Concular ist vor allem in Deutschland bekannt und nun auch in Österreich aktiv. Welche Projekte gibt es bereits hierzulande?

Concular arbeitet an mehreren Projekten in Deutschland und Österreich gemeinsam mit privaten und öffentlichen Auftraggeber:innen. Zu unseren Partner:innen zählen unter anderem Unternehmen wie Verbund, Siemens, STRABAG und PORR sowie öffentliche Auftraggeber:innen wie die Städte Wien, München und Berlin. In Österreich begleiten wir derzeit ein großvolumiges Sanierungsprojekt im 1. Wiener Gemeindebezirk, bei dem bestehende Bauteile und Materialien nach Kreislaufwirtschaftsprinzipien bewertet und einer hochwertigen Wiederverwendung zugeführt werden. Mit einer vergleichbaren Aufgabenstellung sind wir auch in Salzburg bei einer großvolumigen Kulturimmobilie betraut. Darüber hinaus arbeiten wir im Wiener Vorzeigestadtteil Rothneusiedl an der Umsetzung eines ressourcenschonenden, klimaneutralen Stadtteils, indem Abfallvermeidung und Kreislaufführung konsequent in Planung und Bauprozess integriert werden.

Kathrina Rieger - Concular - c_FinnBlindow
© Finn Blindow

Kathrina Rieger

Standortleiterin Concular Österreich

„Europa befindet sich bereits mitten im Transformationsprozess der Kreislaufwirtschaft.“
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Kathrina Rieger ist Bauingenieurin (TU Wien) und Expertin für Zirkularität, Kreislaufwirtschaft und Dekarbonisierung im Bausektor. Sie ist Standortleiterin von Concular Österreich, einem Berliner Unternehmen für zirkuläres Planen und Bauen seit 2020. Seit über zehn Jahren arbeitet sie an der Umsetzung zirkulärer Bauprojekte in Österreich, Deutschland und Ungarn und trägt durch ihre Mitgliedschaft in Normungsausschüssen aktiv zur Standardisierung von zirkulären Bauprozessen bei.

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