In diesem Teil der Experteninterviewserie wurde mit Herrn DI Hartmut Schneider MBA, Gründer von Fresnex e.U., gesprochen.
Konzentrierte Solarthermie, im Englischen concentrated solar power (CSP), ist eine Möglichkeit, Sonnenenergie in Form von Dampf zu gewinnen. Basierend auf einer zum Patent angemeldeten Erfindung soll sich kostengünstig ein Spiegelmodul, das sogenannte „CSP-Panel“ herstellen lassen. Ziel ist eine Anwendung dieser Technologie zur Bereitstellung von Prozessdampf für Industriebetriebe. FRESNEX wird von Hartmut Schneider und Denis Miklau geleitet.
FRESNEX e.U. wurde im Rahmen des i2b Businessplans 2012 mit dem Special Award "green innovators" ausgezeichnet.
Wann und warum haben Sie sich entschieden, ein neues Konzept zur solaren Prozessdampferzeugung zu entwickeln?
Das Gebiet der konzentrierten Solarthermie (CSP = concentrated solar power) ist ein sehr interessantes und vor allem junges Technologiefeld. Bei CSP wird das Sonnenlicht durch Spiegel konzentriert und auf einen Receiver fokussiert, in dem dann Dampf erzeugt wird. Durch neue Entwicklungen, auch im Materialbereich, eröffnen sich auch in diesem doch relativ simplen Technologiebereich viele neue Möglichkeiten – da wollte ich dabei sein!
Zuvor war ich als Projektmanager für den Bau von Biomassekraftwerke verantwortlich, der Kraftwerksbau war mir somit nicht fremd. Zwischen 2008 und 2009 bin ich das erste Mal auf die CSP Technologie gestoßen, damals waren vor allem Parabolrinnenkraftwerke bekannt. Bei der Beschäftigung mit diesem Thema habe ich eine neuartige Spiegellagerung für die noch sehr junge Fresnel-Technologie entwickelt und ein Patent angemeldet. Anfang 2012 entschloss ich mich unter dem Motto „jetzt oder nie“ selbständig zu machen und vollzeit der Produktentwicklung eines neuen Spiegelsystems zu widmen. Später kam mein jetziger Partner Denis Miklau hinzu.
Worin liegt der USP bei der solaren Prozessdampferzeugung durch Fresnex?
In der Gesamtkonzeption können wir dem Kunden ein fertiges, in sich geschlossenes Spiegelmodul liefern, welches die Spiegel auf einer Platte, gemeinsam mit einem Antrieb und einer Steuerung, vereint. Die technische Innovation der neuartigen Lagerung ermöglicht dieses Spiegelmodul sehr kostengünstig herzustellen . Pro Modul sind rund 40 sehr schmale Spiegelstreifen angebracht, die mittels der neuen Lagerungs- und Steuerungstechnik optimal dem Sonnenverlauf folgen und somit die Energieausbeute erhöhen.
Die einzelnen Komponenten der komplexen Gesamteinheit werden in der Fertigung in höchster Qualität aufeinander abgestimmt. Bestehende Systeme werden derzeit erst am Bestimmungsort zusammengesetzt und ausgerichtet. Durch den hohen Vorfertigungsgrad können wir ein noch wenig erschlossenes Geschäftsfeld, nämlich den Bereich der kleineren Solarfelder für Produktionsbetriebe, die Dampf als Betriebsmedium verwenden, erschließen. Der Fokus unseres Unternehmens liegt somit auf der Lieferung des Moduls. Der Einbau und die Installation der Anlage wird durch lokale Fachunternehmen vor Ort, ähnlich wie bei der Photovoltaik, erfolgen. Die Spiegelplatte inklusive Steuerung und Lagerung der Spiegelelemente wird von Fresnex gefertigt, die Stahlkonstruktion zur Befestigung des Absorberrohres sowie die Einbindung in die Gesamtanlage wird durch den Generalunternehmer vor Ort durchgeführt.
Welche Industriebereiche können von Ihrem Produkt profitieren?
Zu den Zielgruppen zählen unter anderem Betriebe der Lebensmittel-, Papier- und chemischen Industrie. Diese Unternehmen setzen derzeit vorwiegend Gas- oder Ölkessel zur Dampferzeugung ein, aber auch Biomassekessel sowie Anlagen zur Abwärmenutzung. Durch das von uns angebotene Produkt ist es möglich, einen Teil der benötigten Energie durch Nutzung der Sonnenenergie bereitzustellen, das bestehende System dient als Backup. So kann der Einsatz der zumeist fossilen Energieträger reduziert werden.
Im Regelfall werden Dampftemperaturen von rund 200°C in industriellen Prozessen benötigt, das ist genau der Bereich, den wir mit unserer Technologie sehr gut abdecken können. Wir können mit unserem System aber auch Temperaturen bis zu 450°C erreichen.
Welche Rolle spielen Speichertechnologien im Zusammenhang mit CSP?
Das Speicherthema ist in der CSP-Industrie gerade sehr aktuell. Es gibt viele verschiedene Konzepte, die eine Speicherung der Sonnenenergie ermöglichen um beispielsweise eine für die Stromerzeugung wichtige kontinuierliche Leistungsverfügbarkeit zu erreichen. Am weitesten verbreitet sind Salzspeicher, durch die ein 24-Stunden Betrieb eines Kraftwerks möglich ist. Die Entwicklungsrichtung der Speichertechnologien im unteren Leistungsbereich umfasst derzeit vorallem kostengünstige Druckkessel.
Was waren die größten Herausforderungen bei der Projektrealisierung bis dato und welche werden es in Zukunft sein?
Eine große Herausforderung sind die vielen Tätigkeiten, die parallel ablaufen. Unsere Idee, die auch bereits zu einem Patent in Österreich geführt hat, ist bei sämtlichen Förderstellen auf gutes Feedback gestoßen. Eine entsprechende Unterstützung, vor allem im administrativen Bereich, hat den Gründungsprozess somit wesentlich erleichtert. Eine weitere Herausforderung ist das Finden von qualifiziertem Personal im benötigten Ausmaß, da viele Bereiche in unserem Unternehmen zum jetzigen Zeitpunkt nicht durch eine Vollzeitkraft durchgeführt werden müssen.
Die größte Herausforderung in der Zukunft wird sein, unsere Kunden davon zu überzeugen, dass sich die relativ kostenintensive Investition in unser System langfristig lohnt und wir ein ausgezeichnetes, sehr langlebiges Produkt mit gutem Wirkungsgrad bieten können. Die Investition amortisiert sich über die Einsparung an fossilen Brennstoffen und kann nach dem Ende der Kreditrückzahlungen nahezu kostenlos Energie bereitstellen. Dies rechtfertigt die hohen Investitionskosten, erfordert aber auch Mut den Weg dieser noch jungen Technologie zu beschreiten.
Der Markt ist in diesem Segment noch kaum erschlossen. Dies hat zum Vorteil, dass wir eine Vorreiterrolle innehaben, allerdings muss der Markt auch durch uns grundlegend aufbereitet werden. Unterstützt werden wir dabei durch Gremien der Internationalen Energieagentur (IEA) und die Tätigkeiten weiterer Organisationen wie zum Beispiel der AEE Intec in Gleisdorf, die sich ebenfalls intensiv mit dem Thema Solare Prozesswärme auseinandersetzen. Wichtig hierbei sind das Testen von Anlagen sowie die Entwicklung von Zertifizierungssystemen, die den Kunden Sicherheit und Transparenz bieten.
Wie beurteilen Sie die Konkurrenzsituation in Ihrem Marktsegment?
Derzeit ist der Markt noch kaum erschlossen, die Konkurrenz im Segment der Anwendungen mit niedriger Dampferzeugungsleistung noch gering. Möglich ist, dass Unternehmen, die sich mit CSP-Kraftwerken beschäftigen, ihre Technologie auf kleinere Anwendungen im Prozessdampfbereich herunterbrechen und somit zukünftig potenzielle Konkurrenten darstellen. Gegenüber bestehenden Parabolrinnenkonzepten haben wir aber den Vorteil, dass die Windangriffsfläche unsere Anlagen gering ist, wir dadurch Material und somit Kosten einsparen können und geringere Lasten auf den Konstruktionsuntergrund – zum Beispiel ein Gebäudedach, wirken.
Wie relevant ist der internationale Markt für Sie zum jetzigen Zeitpunkt?
Unsere Zielmärkte liegen im ersten Schritt im südlichen Europa, beispielsweise Spanien, Italien oder Griechenland. Unsere Simulationen haben ergeben, dass wir aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung in diesen Ländern mit unserer Technologie konkurrenzfähig gegenüber Gas- und Ölfeuerungsanlagen sind. Um in Österreich wirtschaftlich darstellbare Anlagen zu planen sind derzeit noch Förderungen notwendig, diese gibt es beispielsweise im Rahmen des Klimafonds. Aufgrund der Nähe werden wir mit unseren ersten Anlagen in Österreich starten, der Weg ins Ausland wird dann Schritt für Schritt durchgeführt werden.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um ein Produkt um Umwelttechnikbereich zu entwickeln und in die Praxis umzusetzen?
Da sich die Investitionen für den Aufbau des Unternehmens in mehrstelliger Millionenhöhe bewegen – ein Großteil muss für die Entwicklung und Installation der automatischen Fertigung aufgewendet werden – sind Förderungen ein wesentlicher Punkt. Wir finanzieren uns derzeit hauptsächlich durch Eigenkapital und durch Förderungen vom Austria Wirtschaftsservice (aws), vom AplusB Gründerzentrum ACCENT in Niederösterreichsowie von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Für die Zukunft vertrauen wir auf den Einstieg von Investoren sowie auf weitere Förderungen dieser Einrichtungen.
Wie beurteilen Sie die rechtlichen und administrativen Voraussetzungen für die Schaffung eines Unternehmens in Österreich?
Die formalen Schritte waren und sind für uns relativ einfach zu handhaben, auch da wir bereits vorab ein bestehendes Patent vorweisen konnten und mit Beratungsleistung durch die WKO und das RIZ (niederösterreichisches Gründerzentrum) tatkräftig unterstützt wurden. Hier gestaltet sich Österreich sehr gründerfreundlich.
Wie beurteilen Sie die rechtlichen Voraussetzungen für die Installation von solarbetriebenen Prozessdampferzeugern in Österreich?
Wichtig sind vor allem sicherheitstechnische Bestimmungen. Bei der von uns entwickelten Technologie entstehen hohe Temperaturen und Drücke, entsprechende Normen sind zu beachten, Sicherheitsvorkehrungen werden bereits im Planungsprozess berücksichtigt.
Weiters sind Bestimmungen zur Statik der Anlagen insbesondere für den Fall der Installation auf auf Gebäudedächern zu beachten. Aufgrund der bereits erwähnten geringen Kraftübertragung auf das Gebäude stellen diese Bestimmungen zwar keine großen Probleme dar, müssen aber selbstverständlich trotzdem beachtet werden. Mit Blick auf internationale Märkte sind die jeweils gültigen Normen des Landes zu erfüllen, das Produkt also an diese anzupassen. Das ist gerade für ein junges Unternehmen ein nicht unwesentlicher Kostenfaktor.
Welche Ziele haben Sie sich für welchen Zeithorizont gesetzt?
Wir haben geplant, in den nächsten fünf Jahren Schritt für Schritt 50 Arbeitskräfte einzustellen, den Großteil davon in der Fertigung. Ziel ist ein vollautomatischer Zusammenbau der Komponenten des Spiegelmoduls mit anschließender Qualitätskontrolle. Dies ist notwendig um ein konkurrenzfähiges Preisgefüge zu erzielen.
Vor der Investition in diese Fertigungsanlage gilt es den Wirkungsgrad des Spiegelmoduls nachzuweisen. Dazu haben wir bereits eine sehr detaillierte Simulation der Effizienz und der erwartbaren Jahresproduktion unserer Anlagen abhänig vom Aufstellungsort und der Sonneneinstrahlung erstellt. Jetzt machen wir uns daran, diese Berechnungen mittels Prototypen bzw. Referenzanlagen zu verifizieren. Parallel dazu wird die mechanische Auslegung, die Steuerungsprogrammierung, die Auslegung der Motoren etc. optimiert.
Die darauffolgende Phase stellt die Planung und Umsetzung der erwähnten Serienproduktion dar, zu der parallel der Südeuropäische Markt durch intensive Marketing- und Vertriebsaktivitäten erschlossen werden soll.
DI Hartmut Schneider MBA
Studium Maschinenbau an der TU Wien
MBA an der WU Executive Academy
12 Jahre Erfahrung im Bereich Vertrieb und Projektmanagement namhafter Anlagenbaukonzerne
Leitung des Aufbaus einer lokalen Vertriebsabteilung von Voith Paper in Shanghai
Projektmanager für Austrian Energy and Environment
Sales-Manager bei Novatec Solar in Karlsruhe (weltweit führendes CSP Unternehmen für direkt verdampfende Solarfelder)
zertifizierter Senior-Projektmanager nach IPMA